9. Juli 2019
Jaqueline Bica • Die Straßen von Matagalpa (Palabrario)

Eckhard Froeschlin und Grafik aus Nicaragua

Als Künstler ist Eckhard Froeschlin (*1953) zuzeiten ein Odysseus, den es von der heimischen Donau in die Welt zieht. Unruhegeist also und süchtig nach Leben: dem eigenen, dem fremden und immer nach Kunstbegegnungen. So landet er eines Tages in Nicaragua, als dort gewaltige Kräfte das Land erschüttern und es zum Brennpunkt machen: die Landschaft vulkanisch, die Menschen in Unruhe – ein Land der Katastrophen.
Man kannte ihn bereits: In Radierungen beschäftigten ihn soziale, historische und literarische Themen. Er brachte den gesellschaftlichen Umbruch von 1989 zu Bilde, porträtierte Künstler und Literaten, reflektierte über Werke der Kunstgeschichte und verarbeitete Impressionen von fernen Reisezielen. In seiner „Edition Schwarze Seite“ publizierte er Künstlerbücher und Mappenwerke. Bild, Text, Bleisatz und Papierhaptik immer in delikater Symbiose – Gesamtkunstwerke eben.
Vor 21 Jahren dann Eckhard Froeschlins Abenteuer in der nicaraguanischen Stadt Matagalpa. Was als temporärer Grafik- und Druckworkshop begann, entwickelte sich bald zu einer lebendigen Druckgemeinschaft. Heute fertigt die Künstlergruppe „TallerContil“ („Rußwerkstatt“) eigenständig ornamentale Holzschnitte und farbenfrohe Radierungen an, originelle Künstlerbücher und expressive Leporellos, die vor allem die Lyrikeuphorie des Landes reflektieren.
Aus der einstigen Meister-Schüler-Beziehung ist längst ein wechselseitiges Verhältnis künstlerischer Anregungen geworden. So belegt die Bad Stebener Ausstellung thematisch und stilistisch sowohl Froeschlins Einfluss auf die Gruppe „TallerContil“ als auch die Kraft der Inspirationen, die er von der nicaraguanischen Kunst empfangen hat.

Dr. Linn Kroneck

25. April 2019
Bulgarien Ivan Dimov

Grafik aus Bulgarien – Die Sammlung Auf dem Kampe

Stefanie Barbara und Dr. Wolfgang Schreiner, die Gründer des Bad Stebener Grafikmuseums und selbst aus Ost und West kommend, vertraten die Ansicht, dass Kunst zwischen Ländern und Kulturen Brücken zu bauen vermag. Die Zusammenführung von Gesellschaften und Regionen mittels Kunst war ihnen daher ein wichtiges Anliegen. Besonders enge Beziehungen unterhielten sie u. a. zu Bulgarien. Dies bezeugen ihre zahlreichen Ausstellungen zur bulgarischen Grafik im In- und Ausland.
2018 erhielt unser Grafikmuseum vom Sammlerehepaar Auf dem Kampe aus dem Münsterland als Schenkung 130 Werke von 34 bulgarischen Künstlern, ausgewählt und zusammengetragen in zwanzig Jahren. Die meisten dieser Grafiken entstanden in der Litho-Werkstatt des Druckers Geno Genev in Samokow, zu dem auch das Ehepaar Schreiner gute Kontakte unterhielt. Die Übereinstimmung der Sammelinteressen beider Sammlerpaare ist verblüffend.
Die neuen Bestände werden nun erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Sammlung ist eine wunderbare Ergänzung zu unserem bereits vorhandenen bulgarischen Bestand und bietet einen weiteren interessanten Einblick in die facetten- und farbenreiche Kunst des Steindrucks bulgarischer Grafik in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.
Damit besitzt das Grafikmuseum mit über 600 Grafiken die größte Sammlung zeitgenössischer bulgarischer Grafik in Deutschland.

Dr. Linn Kroneck

15. Januar 2019

Johannes Heisig – Selbstbefragungen

Im Schaffen von Johannes Heisig (*1953; 1989-1991 Rektor der Hochschule für Bildende Künste Dresden) nimmt das Selbstbildnis einen wichtigen Stellenwert ein. Es sind Selbstbetrachtungen, neugierige Ich-Erkundungen, sensible Introspektionen und rücksichtslose Zwiegespräche mit seinem Alter Ego. Heisig schätzt dieses „Privileg des exzessiven Selbstgesprächs“.
Doch der „Menschenmaler“ Heisig gestaltet auch seine „Fremd“-Porträts zu Erscheinungen, die weit über die bloße Darstellung von Ähnlichkeit hinausgehen. U.a. fasziniert ihn die „Verführungskraft“ eines Bildes. In der Malerei ist er ein Farbvirtuose, der mit reliefartiger Pastosität, mit Verschorfungen und Vergrindungen Licht-Schatten-Wirkungen erzielt. Seine kaleidoskopischen Vielfigurenbilder bieten vielschichtige Raum-Zeit-Synthesen aus Erlebnissen und Beobachtungen. Dabei verblüfft Skizzenhaftes und Flüchtiges neben exakt akzentuierten Details.
Als Grafiker ist ihm das Schwarz-Weiß, aus dem er sein drastisches Figurenarsenal schürft, wichtige Botschaft. Die Lithografie ist ihm hierzu eine ideale Technik, die ihn zu Übermalungen und Um- und Weiterführungen reizt.
Der Künstler lebt im brandenburgischen Kyritz. Von dort bezieht er auch Motive für expressive Landschaften und Blüten-Stillleben, die jedoch weit mehr sind als bloße Naturbekundungen.
Die Bad Stebener Ausstellung vereint Malereien, Grafiken und Zeichnungen aus fünfzig Jahren seines künstlerischen OEuvres; darunter Werke zu Bob Dylan und Van Morrison, zu Richard Wagner, zur Literatur von Dylan Thomas und Ted Hughes, aber auch ganz persönliche und bewegende Zeichnungen zur Familie.

Dr. Linn Kroneck

18. Oktober 2018
Raymond Waydelich

Grafik aus Frankreich – Die Edition Bucciali

Die Künstler: Michel Braun, Pierre-Marie Brisson, Alma Bucciali, Jacques Clauzel, Michel Cornu, Gaël Davrinche, Patrick Loste, Ann Loubert, Mitsuo Shiraishi, Tony Soulié und Raymond Émile Waydelich

Die Ausstellung zur französischen Grafik entstand in Zusammenarbeit mit der Edition Bucciali und sie zeigt verschiedene Positionen zeitgenössischer französischer Aquatinta-Drucke. Sie alle fanden ihre Umsetzung in der Druckwerkstatt Rémy Bucciallis in Colmar. Der erfahrene Kupferdrucker hat in vierzig Jahren bereits für achtzig Künstler gearbeitet und er betreibt auch eine Galerie, in der er deren Werke international vertritt.
Besonders die Technik der Aquatinta beherrscht er meisterlich. Dieses Flachdruckverfahren ermöglicht ein oft malerisches Spiel mit Halbtönen und Farbflächen.
Neun Künstler und zwei Künstlerinnen aus Frankreich, vor allem aus dem Osten Frankreichs, sind in unserer Ausstellung mit ihren Grafiken vertreten. Nicht alle sind in Frankreich geboren, doch haben sie längst dort ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt gefunden. Sie gehören unterschiedlichen Generationen an: Die jüngste Künstlerin ist noch keine dreißig, der älteste bereits über achtzig Jahre alt. Dazwischen also mindestens zwei Künstlergenerationen. Einige arbeiten ausschließlich als Grafiker, andere wirken auch als Maler, Bildhauer und Aktionskünstler. Die Ausstellung vereint daher ganz unterschiedliche Temperamente, Handschriften, Stile und Themen. Expressiv gezeichnete Köpfe, fantasievolle Fabelwesen und witzig-skurrile Tierporträts, unberührte Natur und zergliederte Landschaften sind ebenso vertreten wie surreal anmutende Stillleben oder abstrakte, konstruktive Farbfelder und gestische Linienbündel des Informel.

Dr. Linn Kroneck